Neubrandenburg: Stadt der Vier Tore

HRO Überblick

  • Kreisstadt des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte mit rund 64.000 Einwohnern und einem Einzugsgebiet von etwa 420.000 Menschen
  • Oberzentrum im Südosten Mecklenburg-Vorpommerns, bekannt für guterhaltene mittelalterliche Stadtbefestigung aus Backsteingotik mit vier markanten Stadttoren
  • Hochschul- und Sportstadt am Nordufer des Tollensesees in der Urlaubsregion Mecklenburger Seenland, strategisch gelegen zwischen Ostsee, Stettin, Rostock und Berlin

Was ist besonders an Neubrandenburg?

Neubrandenburg vereint auf besondere Weise mittelalterliches Erbe und moderne Stadtentwicklung. Die Vier-Tore-Stadt – so der offizielle Namenszusatz seit 2019 – präsentiert sich als lebendiges Oberzentrum im Südosten Mecklenburg-Vorpommerns, das weit über seine Stadtgrenzen hinaus Bedeutung hat. Mit ihrer guterhaltenen Stadtbefestigung aus der Backsteingotik, der Konzertkirche St. Marien und der zentrumsnahen Lage am Tollensesee verbindet die Stadt historisches Flair mit zeitgemäßer Infrastruktur. Als drittgrößte Stadt des Bundeslandes und wichtiger Wirtschaftsstandort bildet Neubrandenburg einen Ankerpunkt in einer Region, die von Seen, Wäldern und weitläufiger Landschaft geprägt ist.

Geografische Lage und Naturraum

Neubrandenburg liegt in 18 Meter Höhe über NHN im Südosten Mecklenburgs, etwa auf halbem Wege zwischen Berlin und der Insel Rügen. Die Stadt erstreckt sich am Nordufer des zur Stadtfläche gehörenden Tollensesees sowie in den Flusstälern der dort beginnenden Tollense und Datze. Die Landschaft wird von den Erhebungen der Grundmoränenplatten geprägt, die charakteristisch für die eiszeitliche Formung dieser Region sind.

Neben dem Tollensesee gehört auch die damit verbundene südlich gelegene Lieps zum Stadtgebiet – ein See, der Teil des Naturschutzgebietes Nonnenhof ist. Unmittelbar südlich der Innenstadt liegt zudem die naturräumlich wertvolle Niedermoorfläche Stargarder Bruch. Die Lage macht Neubrandenburg zu einem attraktiven Ausgangspunkt für die Erkundung der Mecklenburger Seenplatte, einer der beliebtesten Urlaubsregionen Norddeutschlands.

Die nächsten Ballungsräume sind Stettin in 90 Kilometer östlicher Richtung, Rostock 110 Kilometer nordwestlich, Berlin 140 Kilometer südlich und Hamburg 250 Kilometer westlich. Diese Mittellage verleiht Neubrandenburg eine strategische Position als Verkehrsknotenpunkt und Versorgungszentrum.

Zentrale Funktion als Oberzentrum

Neben der Regiopole Rostock, der Landeshauptstadt Schwerin sowie den vorpommerschen Städten Stralsund und Greifswald bildet Neubrandenburg eines der vier Oberzentren Mecklenburg-Vorpommerns. Diese besondere Stellung bedeutet weit mehr als eine administrative Klassifizierung: Die Stadt übernimmt Versorgungsfunktionen für ein Einzugsgebiet von rund 420.000 Menschen und bietet Infrastruktur, Bildungseinrichtungen, Gesundheitsversorgung und kulturelle Angebote, die für die gesamte Region von Bedeutung sind.

Als Kreisstadt des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte – dem flächengrößten Landkreis Deutschlands – konzentrieren sich hier Behörden, Verwaltung und überregionale Dienstleistungen. Die Stadt ist seit 1995 Mitglied im länderübergreifenden Bund der Euroregion Pomerania, was ihre grenzüberschreitende Bedeutung unterstreicht.

Zum unmittelbaren Stadt-Umland-Raum gehören 14 Gemeinden, die sich bei Planungen wie Wohnungsbau, Gewerbeansiedlung, Verkehr, Bildung und Kultur eng mit Neubrandenburg abstimmen. Nächstgelegene Mittelzentren sind Neustrelitz, Demmin und Waren an der Müritz.

Das mittelalterliche Wehrensemble

Stadtbefestigung als Wahrzeichen

Das prägende Merkmal Neubrandenburgs ist zweifellos seine mittelalterliche Stadtbefestigung, die zu den besterhaltenen in Norddeutschland zählt. Die nahezu kreisrunde Anlage besteht aus einem doppelten System von Erdwällen und Gräben sowie der steinernen Stadtmauer, die ursprünglich mit 54 Wiekhäusern besetzt war. Diese charakteristischen kleinen Fachwerkbauten waren in die Stadtmauer eingebaut und dienten ursprünglich Verteidigungszwecken, später als Wohnraum für ärmere Bevölkerungsschichten.

Heute sind 25 Wiekhäuser wieder errichtet – als sogenannte dritte Generation, die in den 1970er und 1980er Jahren entstand. Diese modernen Nachbauten orientieren sich nur grob an den Vorgängerbauten und folgen zeitgenössischen Funktionsanforderungen. Drei Wiekhäuser wurden bereits im frühen 20. Jahrhundert nach vorhandenen Baubefunden in ihrem mittelalterlichen Ursprungszustand als Wehrbauten rekonstruiert.

Von den ursprünglich zwei Wehrtürmen, die die Mauer überragten, ist heute nur noch der Fangelturm erhalten. Der zweite stürzte 1899 ein. Diese Wehrbauten bilden gemeinsam mit den vier Stadttoren ein einzigartiges Ensemble norddeutscher Backsteingotik.

Die vier historischen Stadttore

Die vier gotischen Stadttore verleihen Neubrandenburg ihre unverwechselbare Identität und den offiziellen Namenszusatz „Vier-Tore-Stadt“. Jedes Tor zeigt eine eigene architektonische Ausprägung:

Das Friedländer Tor im Südosten, das Treptower Tor im Norden, das Stargarder Tor im Süden mit seinen berühmten Adorantinnen – den betenden Tonfiguren an der Stadtseite – und das Neue Tor im Westen bilden zusammen ein Quartett von Bauwerken, die zwischen 1300 und dem 15. Jahrhundert entstanden. Die älteren drei Tore sind nach gleicher Art angelegt: Im Verlauf der Stadtmauer steht auf annähernd quadratischem Grundriss ein Torturm ohne Seitenbauten, im Zuge des äußeren Walles ein Außentor, mit dem Innentor durch Verbindungsmauern zu einer allseitig geschlossenen Torburg zusammengefasst.

Das Neue Tor wurde später aus verkehrstechnischen Gründen hinzugefügt, als die Stadt über die ursprünglichen Zugänge hinaus weitere Verbindungen benötigte. Die Bemühungen früher Denkmalpflege im 19. Jahrhundert, die schadhaft gewordenen Wehrbauten instand zu setzen, schufen die Voraussetzung dafür, dass Neubrandenburg heute diese beeindruckende mittelalterliche Anlage präsentieren kann.

Historische Altstadt und ihre Zerstörung

Planmäßige Gründung und mittelalterliche Blüte

Die Gründung der Stadt erfolgte am 4. Januar 1248 per Stiftungsbrief von Markgraf Johann I. von Brandenburg. Der Name leitet sich von der Mutterstadt Brandenburg an der Havel ab – das Neu markiert die Neugründung in mecklenburgischem Gebiet. Als niederdeutsche Namensformen sind Nygen Brandenburg und Nyenbrandenborch überliefert, im lokalen Sprachgebrauch bis heute Nigen-Bramborg oder kurz Bramborg.

Die historische Altstadt wurde als Planstadt mit fast kreisrundem Grundriss angelegt. Die Straßen verlaufen in einem rechtwinkligen Muster von Norden nach Süden sowie von Osten nach Westen parallel durchgehend. Alle Straßen waren im Zusammenspiel mit Stadtmauer, Toren, Wehrtürmen und Wiekhäusern auf Sichtachsen zueinander angelegt – ein bemerkenswertes Beispiel mittelalterlicher Stadtplanung.

Bereits 1298 gelangte Neubrandenburg mit der Herrschaft Stargard in die Hand der Mecklenburger. Im 14. und 15. Jahrhundert war die Stadt Hauptresidenz des Herzogtums Mecklenburg-Stargard. Als Vorderstadt der mecklenburgischen Landstädte des Stargardischen Kreises hatte Neubrandenburg unmittelbaren Einfluss auf die Landesverwaltung.

Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges

Im Frühjahr 1631 wurde die befestigte Stadt von kaiserlichen Truppen unter General Tilly erobert und verwüstet. Hunderte Menschen wurden gefoltert und ermordet, Kirchen und Wohnhäuser ausgeraubt und zerstört. Bei Erdarbeiten 1991 am Friedländer Tor entdeckte man ein Massengrab mit mindestens 13 männlichen Individuen, die Spuren massiver Gewalteinwirkung aufwiesen. Die anthropologische Analyse legt nahe, dass es sich um Einwohner Neubrandenburgs handelt, die den Ereignissen von 1631 zum Opfer fielen.

Infolge des Dreißigjährigen Krieges musste Neubrandenburg 1671 als einzige mecklenburgische Stadt den Stadtkonkurs anmelden. Es brauchte mehr als eineinhalb Jahrhunderte, ehe sich die Stadt von den Kriegsfolgen allmählich erholte. Noch im 18. Jahrhundert lagen an Hauptverkehrsstraßen der Altstadt einzelne Hausgrundstücke wüst oder wurden als Gärten genutzt.

Stadtbrände vernichteten 1676 und 1737 große Teile der historischen Bausubstanz. Ab Ende der 1730er Jahre entstanden die markanten barocken Gebäude, die neben den mittelalterlichen Wehrbauten und Kirchen das Bild der Altstadt bis 1945 prägten.

Systematische Brandlegung 1945

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs erlitt Neubrandenburg die größte Katastrophe seiner Geschichte. Am 29. April 1945 nahm die Rote Armee die fast menschenleere Stadt ohne Widerstand ein. In der Nacht zum 30. April brannten sowjetische Soldaten die historische Altstadt systematisch nieder – mehr als 80 Prozent der überwiegend aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammenden Bausubstanz wurden vernichtet.

Dem Großbrand fielen sämtliche öffentlichen Gebäude der Altstadt und der überwiegende Teil der bürgerlichen Wohn- und Geschäftshäuser zum Opfer, darunter das großherzogliche Palais (Stadtschloss), das alte Rathaus auf dem Marktplatz und die umfangreiche Städtische Kunstsammlung. Auch das damals umfangreichste Fritz-Reuter-Museum Deutschlands erlitt starke Verluste.

Vom einstigen Stadtbild sind heute nur kleinere Ensembles und bedeutende Einzelbauten erhalten: die mittelalterliche Wehranlage, die ehemalige Klosteranlage mit Klosterkirche St. Johannis, die Hauptpfarrkirche St. Marien, das Schauspielhaus – Mecklenburgs ältester erhaltener Theaterbau – sowie im Süden einige Ensembles mit barocken und klassizistischen Wohnhäusern.

Wiederaufbau und sozialistische Stadt

Aufbau nach historischem Vorbild

Der Wiederaufbau wurde in den ersten Nachkriegsjahren intensiv diskutiert. Ab 1952 erfolgte bis in die frühen 1960er Jahre ein Aufbau mit hohem gestalterischen Anspruch. Das historische Straßenraster wurde weitgehend beibehalten, die Neubebauung nahm Rücksicht auf die Wehrbauten des Mittelalters. Man bemühte sich, herausragende Bauformen aus dem historischen Stadtbild in den Neubauten zu zitieren.

Die Aufbauten dieser Zeit entstanden im Sinne der „16 Grundsätze des Städtebaus“ in einem Stil, der kulturhistorisch als sozialistischer Klassizismus bezeichnet wird. Prägend waren lose an der barocken und klassizistischen Vorkriegsarchitektur orientierte historisierende Neubauten. Diese Aufbauleistung findet in der Fachwelt zunehmend Anerkennung und Wertschätzung.

Ab den 1960er Jahren wandte man sich von dieser Form ab. Der nachfolgende modernistische Städtebau nahm kaum noch Rücksicht auf das historische Stadtgefüge. Der Marktplatz wurde um etwa ein Fünftel verkleinert, viele stadtbildprägende Bauten wie das Alte Rathaus wurden nicht wiedererrichtet.

Bezirkshauptstadt der DDR

Von 1952 bis 1990 war Neubrandenburg Verwaltungszentrum und Behördensitz des gleichnamigen Bezirkes der DDR. Seit 1969 war die Stadt kreisfrei mit einem Oberbürgermeister als Stadtoberhaupt. Ab 1957 befand sich zudem der Sitz des Kommandos des Militärbezirkes V der NVA in Neubrandenburg.

Ziel war der Ausbau zum wirtschaftlichen und politischen Zentrum im Norden der DDR auf mindestens 100.000 Einwohner. Als große Neubaugebiete mit typischen Plattenbauten entstanden seit Mitte der 1960er Jahre die Stadtgebiete Ost und West, der Datzeberg mit rund 3.500 Wohnungen, das Reitbahnviertel mit etwa 3.000 Wohnungen sowie Erweiterungen im Stadtgebiet Süd.

Industrieanlagen wurden erweitert oder neu errichtet, darunter ein Reifenwerk, ein Reparaturwerk für Militärtechnik und ein Containerbahnhof. Die Stadt wuchs zum Ende der 1980er auf etwas mehr als 90.000 Einwohner – den historischen Höchststand.

Stadtgebiete und Quartiere

Innenstadt und Jahnviertel

Die heute als Innenstadt bezeichnete historische Altstadt ist das kulturelle und touristische Herz Neubrandenburgs. Heute leben hier etwa 3.800 Menschen. Die meisten Wohngebäude stammen aus der DDR-Zeit, ergänzt durch kleinteilige Neubauten nach der Wende.

Im westlich und nordwestlich angrenzenden Jahnviertel – von den Neubrandenburgern auch als Nachtjackenviertel bezeichnet – dominieren repräsentative Bürgerbauten aus der Gründerzeit zwischen 1875 und 1914. Der offizielle Name leitet sich von der Jahnstraße ab, die an Turnvater Friedrich Ludwig Jahn erinnert, der zeitweise als Hauslehrer in Neubrandenburg tätig war. Die volkstümliche Bezeichnung Nachtjackenviertel weist darauf hin, dass diese Gegend schon früher attraktive Wohngegend für Bessergestellte war.

Weststadt mit Hochschule

Das Stadtgebiet West ist mit etwa 8.700 Einwohnern eines der größten Stadtgebiete. Hier stehen größtenteils sanierte Plattenbauten, aber auch Ein- oder Mehrfamilienhäuser in den ehemaligen Dörfern Broda und Weitin. Die Hochschule Neubrandenburg hat hier auf einem Campusgelände ihren Sitz.

Das Rostocker Viertel liegt direkt am Oberbach, einem schon im Mittelalter angelegten künstlichen Ausfluss des Tollensesees. Hier ist der traditionsreiche Sportclub Neubrandenburg (SCN) ansässig, dessen Kanuten regelmäßig auf Oberbach und Tollensesee trainieren.

Broda war ein mittelalterlicher Fährort am Nordufer des Tollensesees und Standort des Klosters Broda der Prämonstratenser, das für die Kolonisation dieser Region zentrale Bedeutung hatte. Wahrzeichen der Weststadt ist das am Steilufer des Tollensesees gelegene Belvedere, das an der Stelle des früheren herzoglichen Sommerhauses steht.

Oststadt als größter Stadtteil

Die Oststadt ist mit rund 15.300 Einwohnern der größte Stadtteil. Zu Spitzenzeiten lebten hier sogar etwa 25.000 Menschen. Sie besteht aus über 8.700 Wohnungen in größtenteils sanierten Plattenbauten aus den Jahren 1970 bis 1989 und Eigenheimsiedlungen.

Hier befinden sich mehrere Schulen, das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg, das Einkaufszentrum Lindetalcenter und die beiden städtischen Friedhöfe. Der DDR-weit erste Plattenbaublock vom Typ WBS 70 wurde in der Neubrandenburger Oststadt 1973 errichtet.

Weitere Stadtteile

Das Vogelviertel zwischen Stadtzentrum und Reitbahnviertel beherbergt etwa 4.500 Menschen. Die Straßen tragen bis auf wenige Ausnahmen Namen von Vogelarten. Hier befindet sich das Albert-Einstein-Gymnasium, das größte Gymnasium der Stadt.

Das Reitbahnviertel nördlich des Zentrums entstand in den 1980er Jahren mit 3.033 Wohnungen in Plattenbauweise. Nach umfangreichem Stadtumbau leben hier heute rund 4.200 Menschen.

Die Südstadt mit etwa 7.000 Einwohnern wird von Altneubauten der frühen 1960er Jahre und Hochhäusern aus den 1970er und 1980er Jahren geprägt. Hier befinden sich das Sportgymnasium, weitere Schulen und die städtische Schwimmhalle.

Das Lindenbergviertel im Süden wurde nach der Wende mit kleinteiliger Wohnbebauung und als Gewerbestandort erweitert. Hier leben mehr als 7.200 Personen.

Das Datzeviertel auf einem Hügel nördlich der Innenstadt entstand Ende der 1970er Jahre als typisches DDR-Neubaugebiet mit sieben Hochhäusern und vorwiegend fünfstöckigen Plattenbauten. Nach umfangreichem Stadtumbau hat sich die Einwohnerzahl auf rund 4.800 Menschen stabilisiert.

Wirtschaft und Bildung

Wirtschaftsstandort mit hoher Kaufkraft

Neubrandenburg hatte um 2011 die zweitgrößte Wirtschaftskraft pro Einwohner aller Städte in den neuen Bundesländern. Bedeutende Wirtschaftszweige sind Anlagen- und Maschinenbau, Hochtechnologie, Logistik, Gesundheitswirtschaft, IT und Dienstleistungen.

Überregional hat die Stadt durch ihre hohe Zentralität auch Bedeutung als Einkaufsstadt. In der Innenstadt bieten das 1998 neu errichtete Marktplatz-Center, zwei Kaufhäuser und die Fußgängerzone Turmstraße – auch „Boulevard“ genannt – vielfältige Einkaufsmöglichkeiten.

Hochschul- und Schulstadt

Neubrandenburg ist seit 1988 Hochschulstadt. Aus einer Pädagogischen Hochschule entwickelte sich ab 1990 die breiter aufgestellte Hochschule Neubrandenburg, die heute mehrere Fachbereiche umfasst und auf einem modernen Campusgelände in der Weststadt ihren Sitz hat.

Die Stadt ist Standort mehrerer großer Schulen, darunter das Sportgymnasium Neubrandenburg, das überregional bekannt für die Förderung von Leistungssportlern ist, sowie das Albert-Einstein-Gymnasium, das größte Gymnasium der Stadt.

Kultur und Sport

Konzertkirche St. Marien

Die einstige Hauptpfarrkirche St. Marien wurde nach dem Wiederaufbau seit 2001 als Konzertkirche genutzt. Der seit den 1970er Jahren laufende Wiederaufbau wurde mit geändertem Konzept fortgesetzt und schuf einen außergewöhnlichen Raum für Konzerte und kulturelle Veranstaltungen. Die Neubrandenburger Philharmonie hat hier ihre Heimat gefunden.

Das Schauspielhaus – Mecklenburgs ältester erhaltener Theaterbau – zeugt von der Zeit, als Herzog Adolf Friedrich IV. die mittelalterliche Residenzstadtfunktion Neubrandenburgs neu belebte. Ab 1774 entstand auf dem Marktplatz schrittweise ein fürstliches Residenzschloss, und die Stadt wurde während der Sommermonate zum Mittelpunkt des höfischen Lebens.

Sportstadt mit Tradition

Neubrandenburg ist bekannt als Sportstadt mit überregionaler Bedeutung. Der Sportclub Neubrandenburg (SCN) ist traditionsreich und erfolgreich, besonders in der Leichtathletik und im Kanusport. Die Nähe zum Tollensesee und zum Oberbach bietet ideale Trainingsbedingungen für Wassersportler.

Das Sportgymnasium zieht talentierte junge Sportler aus der gesamten Region an und trägt zur Reputation Neubrandenburgs als Sportstadt bei. Am Rande des Katharinenviertels befindet sich das „Phönixeum“, ein Büro-Hochhaus mit außergewöhnlich bunter Farbgestaltung.

Tourismus und Naherholung

Tollensesee und Kulturpark

Der Tollensesee am Südrand der Stadt ist das zentrale Naherholungsgebiet und wichtiger Anziehungspunkt für Touristen. Mit seinem klaren Wasser, den Badestränden und Wassersportmöglichkeiten bildet er einen wesentlichen Bestandteil der touristischen Attraktivität Neubrandenburgs. Der Brodaer Strand am Westufer ist besonders beliebt.

Unmittelbar südlich der Innenstadt erstreckt sich der Kulturpark, ein weitläufiges Grünareal, das Spazierwege, Freizeitangebote und Veranstaltungsflächen bietet und den Übergang zum Seeufer markiert.

Historischer Tourismus

Als „Augustabad“ entstand am Ostufer des Tollensesees bereits im 19. Jahrhundert ein mondänes Villenviertel mit Pensionen und dem 1895 eröffneten Kurhotel, das berühmte Gäste wie Theodor Fontane nach Neubrandenburg zog. Heute lockt die gut erhaltene mittelalterliche Wehranlage mit ihren vier Toren, der Stadtmauer und den Wiekhäusern Geschichtsinteressierte und Architekturfans.

Vom Katharinenviertel aus erreicht man direkt das Waldgebiet Mühlenholz im Landschaftsschutzgebiet Lindetal. Dort befindet sich die Hinterste Mühle, ein historisches Gelände mit Streichelzoo, Naturlehrpfaden und Freizeitangeboten. Ebenfalls dort liegt das Gelände von Dirt Force Neubrandenburg, Norddeutschlands größtem Bikepark.

Bevölkerungsentwicklung

Wachstum und Rückgang

Im Jahr 1989 erreichte Neubrandenburg mit über 90.000 Einwohnern seinen historischen Höchststand. Seit der Wende und dem Ende der DDR hat die Stadt durch Sterbeüberschuss und mehr Fort- als Zuzüge rund 26.000 Einwohner verloren.

Heute leben etwa 64.000 Menschen in Neubrandenburg. Die Stadt bleibt trotz sinkender Einwohnerzahlen Oberzentrum und drittgrößte Stadt in Mecklenburg-Vorpommern. Die Einwohner waren historisch überwiegend evangelisch, heute ist die Mehrheit der Bevölkerung konfessionslos.

Steigende Diversität

Bis zur Asylkrise 2015/2016 zählte Neubrandenburg zu den Städten mit sehr geringem Ausländeranteil – bis 2012 durchgehend unter zwei Prozent. Infolge der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine und anderen Zuwanderern stieg der Anteil zwischen 2021 und 2023 von 6,4 Prozent auf 10,5 Prozent. Damit liegt der Anteil der Deutschen an der Wohnbevölkerung seit 2023 erstmals unter 90 Prozent.

Verkehrsanbindung

Neubrandenburg erhielt 1864 Eisenbahnanschluss, 1867 begann der Betrieb auf der Strecke Lübeck–Stettin, 1877 folgte die Strecke Berlin–Stralsund. Diese Verkehrsanbindung ermöglichte den Anschluss an die Moderne und löste eine rege Bautätigkeit aus. Die Stadt wuchs zügig über den mittelalterlichen Mauerring hinaus.

Heute ist die Stadt über Bundesstraßen und Regionalbahnverbindungen gut erreichbar. In direkter Nachbarschaft zur Altstadt befinden sich im Norden der Bahnhof und der Busbahnhof. Der Fliegerhorst Trollenhagen, 1936 entstanden, wurde später zum Flughafen Neubrandenburg entwickelt.

Dunkle Kapitel der Stadtgeschichte

Nationalsozialismus und KZ-Außenlager

Während der Aufrüstung der Wehrmacht wurde Neubrandenburg ab 1933 als Militärstandort ausgebaut. Die Einwohnerzahl stieg in dieser Zeit auf 20.000. Seit 1939 war Neubrandenburg kreisfreie Stadt mit Sonderstatus.

Im April 1943 wurden die ersten 200 weiblichen Gefangenen aus dem KZ Ravensbrück zur Zwangsarbeit in die Mechanischen Werkstätten deportiert. Das Lager wurde schrittweise zum größten Außenlager des KZ Ravensbrück ausgebaut. Im August 1944 waren etwa 5.000 weibliche KZ-Gefangene interniert. Ein zweites Außenlager entstand in einem Waldgebiet zwischen Neubrandenburg und Neustrelitz. Am Kriegsende waren circa 7.000 weibliche Gefangene in diesen beiden Lagern interniert. Misshandlungen durch SS-Aufseherinnen und Wachmannschaften waren alltäglich.

Kriegsgefangenen- und Speziallager

1939 entstand auf dem Gelände des Gutes Fünfeichen das Kriegsgefangenenlager „Stalag II A“. Insgesamt wurden circa 120.000 Kriegsgefangene aus zehn Ländern zwischen 1939 und Ende April 1945 registriert.

Nach Kriegsende wurde das Lager als Repatriierungslager genutzt, später als Internierungs- und Speziallager des NKWD unter dem Namen „Speziallager Nr. 9 Fünfeichen“ weitergenutzt. Interniert waren fast ausschließlich Deutsche, die meist ohne Untersuchung festgenommen wurden. Darunter waren viele Jugendliche, die meist unschuldig unter dem Vorwurf standen, zum „Werwolf“ zu gehören. Bis zur Schließung des Lagers 1948 zählte man circa 18.000 Internierte, von denen über 5.000 – mehr als ein Viertel – an den Haftbedingungen starben. Das sowjetische Lager gehörte zu den Tabuthemen in der DDR. 1993 wurde ein Mahnmal eingeweiht, zwei Gräberfelder sind zugänglich.

Jüdisches Leben und Verfolgung

Eine jüdische Gemeinde bildete sich in Neubrandenburg um 1864. Die rasch steigende Mitgliederzahl führte 1877 zum Bau einer aufwändig orientalisch gestalteten Synagoge. 1914 wurde Neubrandenburg Sitz der jüdischen Landesgemeinde von Mecklenburg-Strelitz.

In der Reichspogromnacht 1938 steckte ein SA-Mann die Synagoge in Brand. Die Feuerwehr ließ sie ausbrennen und verhinderte lediglich ein Übergreifen auf anliegende Häuser. 1940 verzichtete die jüdische Gemeinde unter nationalsozialistischem Druck auf das Erbbaurecht an ihrem Bestattungsplatz, der 1941 aufgelassen wurde. An dessen Stelle wurde eine Militär-Baracke errichtet.

Politik und Verwaltung

Kreisstadt seit 2011

Durch die Kreisgebietsreform 2011 wurde Neubrandenburg am 4. September 2011 von der kreisfreien Stadt zur Kreisstadt des neu gebildeten Landkreises Mecklenburgische Seenplatte – des flächengrößten Landkreises in Deutschland. Diese Änderung bedeutete einen Verlust kommunaler Eigenständigkeit, sicherte aber zugleich die Position als Verwaltungszentrum der Region.

Die Stadtvertretung besteht aus 43 Abgeordneten. Oberbürgermeister ist seit dem 1. April 2015 Silvio Witt (parteilos), der bei der Wahl 2022 mit 87,5 Prozent der Stimmen bestätigt wurde. Im Oktober 2024 kündigte Witt seinen Rücktritt zum 1. Mai 2025 an, ohne dies näher zu begründen.

Demokratische Tradition

Am 22. November 1815 wurde erstmals in der Geschichte der Stadt ein Bürgermeister durch die gesamte Bürgerschaft in freier Wahl bestimmt. Die Änderung der Stadtverfassung hatten 60 Bürger unter ihrem Anführer, dem Schmied David Bechly, durch mehrmonatige Proteste erzwungen. Auslöser war die Unterschlagung von Ausgleichszahlungen durch den Magistrat.

Diese frühe demokratische Tradition steht in bemerkenswertem Kontrast zur späteren Zeit des Nationalsozialismus und der DDR-Diktatur, in der demokratische Strukturen aufgehoben oder ausgehöhlt wurden.

Städtebauförderung und Sanierung

Nach 1991 wurde im Rahmen der Städtebauförderung mit der Sanierung des historischen Stadtkerns begonnen. Das Schauspielhaus wurde restauriert, der Wiederaufbau der Marienkirche mit geändertem Konzept fortgesetzt. Auch die Plattenbausiedlungen werden seit den 1990er Jahren durch Programme zum Stadtumbau und zur „Sozialen Stadt“ erheblich aufgewertet.

Der Marktplatz wurde bis 2009 modernistisch saniert und mit Wasserspielen sowie einem neuen Beleuchtungskonzept ausgestattet. Im Zuge dieser Arbeiten erhielt die Innenstadt eine zusätzliche Tiefgarage unter dem Marktplatz. Während der Bauarbeiten wurden nach archäologischen Untersuchungen alle Überreste des Palais und mittelalterlicher Vorgängerbauten des Rathauses am Markt abgeräumt.

Zukunftsperspektiven und Herausforderungen

Neubrandenburg steht heute vor der Aufgabe, seine Rolle als Oberzentrum in einer sich wandelnden Region zu festigen. Die Kombination aus historischem Erbe, moderner Infrastruktur und landschaftlicher Attraktivität bietet Potenziale für Tourismus, Bildung und Wirtschaft. Die Hochschule, das Klinikum und die Kultureinrichtungen bilden Ankerpunkte für eine zukunftsfähige Entwicklung.

Die demografischen Herausforderungen – sinkende und alternde Bevölkerung bei gleichzeitig steigender Diversität – erfordern innovative Konzepte für Stadtentwicklung, Integration und Daseinsvorsorge. Die Lage in der Urlaubsregion Mecklenburger Seenland bietet Chancen für sanften Tourismus und Naherholung, die noch stärker genutzt werden könnten.


Die Vier-Tore-Stadt verbindet mittelalterliches Erbe mit moderner Stadtentwicklung! Doch wie kann Neubrandenburg seine Position als Oberzentrum stärken und junge Menschen in der Region halten? Welche Perspektiven seht ihr im HRO Club für die Zukunft dieser besonderen Stadt zwischen Seenplatte und Geschichte?