Stralsund: Hansestadt an der Ostsee vor Rügen

HRO Überblick

  • Rund 59.000 Einwohner leben in der größten kreisangehörigen Stadt Mecklenburg-Vorpommerns
  • UNESCO-Welterbe seit 2002 dank herausragender Backsteingotik und mittelalterlicher Bausubstanz
  • Tor zur Insel Rügen mit direkter Verbindung über Rügendamm und Rügenbrücke

Was ist besonders an Stralsund?

Stralsund liegt am Strelasund, einer Meerenge der Ostsee zwischen Festland und der Insel Rügen. Die Stadt gehört zu den bedeutendsten Hansestädten des Ostseeraums und bildet zusammen mit Greifswald eines der vier Oberzentren Mecklenburg-Vorpommerns. Mit der Verleihung des Lübischen Stadtrechts im Jahr 1234 gilt Stralsund als älteste Stadt Pommerns. Die historische Altstadt mit ihren zahlreichen Baudenkmalen der Backsteingotik wurde 2002 gemeinsam mit Wismar in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Heute prägen der Tourismus, das Meeresmuseum mit dem Ozeaneum, die Hochschule Stralsund sowie verschiedene Dienstleistungs- und Verwaltungseinrichtungen das wirtschaftliche Leben der Stadt.

Geografische Lage und Stadtgliederung

Die besondere topografische Situation macht Stralsund zu einer fast vollständig von Wasser umgebenen Stadt. Der Strelasund im Norden, der Knieperteich im Westen, der Frankenteich im Süden und der Moorteich im Osten verleihen der historischen Altstadt einen inselartigen Charakter. Diese natürliche Wasserlage bot über Jahrhunderte strategischen Schutz und prägte die Entwicklung der Stadt nachhaltig.

Das Stadtgebiet gliedert sich in acht Stadtgebiete, von denen sieben in weitere Stadtteile unterteilt sind. Nach der Aufhebung des Festungscharakters 1869 konnten die umliegenden Gegenden besiedelt werden. 1928 wurden mehrere Orte wie Andershof, Devin, Grünhufe, Langendorf, Lüssow und Voigdehagen eingemeindet, wodurch sich die Stadtfläche nahezu verdoppelte.

Die höchste Erhebung der Stadt ist der Galgenberg am westlichen Ortseingang. Stralsund besitzt einen Stadtwald und liegt in der Nähe des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft mit seiner großen Artenvielfalt. Die Entfernung zu Greifswald beträgt gut 30 Kilometer südöstlich, zu Rostock etwa 70 Kilometer westlich.

Historische Entwicklung

Gründung und Hansezeit

Die Siedlung Strale ist seit dem 10. Jahrhundert bekannt, der Name Stralesund wurde erstmals 1240 urkundlich erwähnt. Der slawische Namensbestandteil Stral bedeutet Pfeil- oder Speerspitze, während -sund in germanischen Sprachen für eine trennende Enge steht und hier auf den Strelasund verweist.

Nach der deutschen Ostsiedlung erhielt Stralsund am 31. Oktober 1234 vom rügenschen Fürsten Wizlaw I. das Stadtrecht nach Rostocker beziehungsweise Lübecker Vorbild. Vorwiegend durch Siedler aus Westfalen entwickelte sich die Stadt schnell zu einem bedeutenden Handelszentrum im Ostseeraum. Nach dem Erlöschen des Fürstentums Rügen 1325 gehörte Stralsund zu Pommern-Wolgast.

Im 14. Jahrhundert war Stralsund nach Lübeck die bedeutendste Hansestadt im südlichen Ostseeraum. Als Gründungsmitglied der Hanse kam die Stadt durch internationalen Handel zu beachtlichem Wohlstand. Zahlreiche kriegerische Auseinandersetzungen mit den Herrschern von Dänemark gipfelten 1370 im Frieden von Stralsund, der die Macht der Hanse auf ihrem Höhepunkt demonstrierte.

Reformation und schwedische Herrschaft

Bereits 1525 traten die Bürger Stralsunds mehrheitlich zum evangelischen Glauben über. Die Stadt wurde damit Schrittmacher der Reformation in Norddeutschland. Im Dreißigjährigen Krieg widerstand Stralsund mit Hilfe von Schweden und Dänemark der Belagerung durch Wallensteins Truppen. Es folgte eine fast 200-jährige Zeit der Zugehörigkeit zum Königreich Schweden als Teil von Schwedisch-Pommern.

Nach wechselvollen Besitzverhältnissen kam Stralsund 1815 zu Preußen und wurde Sitz einer Oberpostdirektion, eines Regierungsbezirks mit fünf Kreisen und der preußischen Marinebasis. Die Stadt behielt bis 1871 den Status einer Festung, der ihr über viele Kriege verhalf.

20. Jahrhundert bis heute

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Stralsund Teil der sowjetischen Besatzungszone und später der DDR. Während dieser Zeit wurden zahlreiche Plattenbausiedlungen errichtet, der historische Altstadtkern verkam allerdings zusehends. Wirtschaftlich lebte die Stadt vor allem vom Schiffbau auf der Volkswerft Stralsund.

Nach der politischen Wende 1990 wurde Stralsund Modellstadt der Städtebauförderung. Der historische Stadtkern mit dem Altstadthafen wurde mit Hilfe von Förderprogrammen gründlich saniert. Zwischen 1990 und 2010 wurden 588 der mehr als 1000 Altstadtgebäude vollständig saniert, darunter 363 Einzeldenkmale.

Im Zuge der Kreisgebietsreform 2011 wurden die bis dato kreisfreie Stadt Stralsund sowie die Landkreise Rügen und Nordvorpommern Teile des neuen Landkreises Vorpommern-Rügen mit Verwaltungssitz in Stralsund. Am 1. August 2016 erhielt die Stadt die Bezeichnung staatlich anerkannter Erholungsort.

Bevölkerung und Demografie

Bis Anfang des 17. Jahrhunderts war Stralsund die bevölkerungsreichste Stadt des Herzogtums Pommern. 1989 erreichte die Einwohnerzahl mit über 75.000 ihren Höchststand. Durch die strukturellen Veränderungen nach der Wende sank die Bevölkerung bis 2008 deutlich um über 15.000 Einwohner. Danach verlangsamte sich der Rückgang, die Zahlen stiegen wieder an.

Bei der Volkszählung 2022 wurde für Stralsund eine Einwohnerzahl von 53.996 ermittelt – deutlich weniger als die erwarteten 59.435. Nach Angaben des Einwohnermeldeamtes lebten zum 31. Dezember 2022 jedoch 59.363 Menschen in der Stadt. Die Diskrepanz zwischen Zensus und Melderegister verdeutlicht die Herausforderungen präziser Bevölkerungserfassung.

Heute gehören etwa 75 Prozent der Stralsunder Bevölkerung keiner Glaubensgemeinschaft an. Die mitgliederstärkste Religionsgemeinschaft stellt die Evangelische Kirche mit etwa 15 Prozent, etwa vier Prozent der Bewohner bekennen sich zum Katholizismus.

UNESCO-Welterbe und Architektur

Backsteingotik von Weltrang

Die Innenstadt Stralsunds ist durch einen außergewöhnlichen Reichtum an historischer Bausubstanz gekennzeichnet. Von mehr als 800 denkmalgeschützten Häusern in Stralsund stehen über 500 als Einzeldenkmal in der Altstadt. Aufgrund ihrer historischen und architektonischen Bedeutsamkeit wurde die Stralsunder Altstadt im Jahr 2002 gemeinsam mit der Altstadt Wismars unter dem Titel „Altstädte von Stralsund und Wismar“ in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen.

Das Ensemble des Alten Marktes bietet mit der Nikolaikirche, dem Stralsunder Rathaus als einem der bedeutendsten Profanbauten der norddeutschen Backsteingotik, dem Artushof, dem Wulflamhaus und dem Commandantenhus einen eindrucksvollen Überblick über die architektonische Geschichte der Stadt. Die oft mit hohem finanziellen Engagement aufwändig sanierten Bürgerhäuser mit ihren typischen Giebeln prägen das Bild in den Altstadtstraßen.

Die drei großen Kirchen

Drei große mittelalterliche Kirchen der Innenstadt zeugen von der mittelalterlichen Bedeutung Stralsunds. Im Volksmund hieß es: „Stralsund hat drei Kirchen – die mächtige, die prächtige und die schmächtige.“

Die Marienkirche am Neuen Markt, deren Bau ab 1298 begann und die fast völlig neu ab 1382 errichtet wurde, gilt als die mächtige. Vom 104 Meter hohen Turm bietet sich ein Panoramablick über Stralsund und die Insel Rügen. Die Nikolaikirche von 1276 am Alten Markt repräsentiert die prächtige, während die Jakobikirche von 1303 als die schmächtige gilt und heute als Kulturkirche genutzt wird.

Weitere bedeutende Sakralbauten sind die Heilgeistkirche aus dem 14. Jahrhundert, die Dreifaltigkeitskirche am Frankenwall von 1785 sowie neuere Kirchenbauten wie die Auferstehungskirche in Grünhufe von 1991.

Klöster und historische Anlagen

Das Katharinenkloster, ein ehemaliges Kloster der Dominikaner, wurde 1251 erstmals erwähnt. Heute beherbergt dieses Ensemble das Meeresmuseum Stralsund und das Stralsund Museum. Im Johanniskloster der Franziskaner von 1254 befindet sich das Stadtarchiv Stralsund, zudem finden dort regelmäßig Kulturveranstaltungen statt.

Das Museumshaus in der Mönchstraße wurde mit Mitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz saniert und bietet seither als eines von Nordeuropas bedeutendsten original erhaltenen Bürgerhäusern der Hansezeit das Erleben und Begreifen der Geschichte von sieben Jahrhunderten.

Von den Stralsunder Stadtbefestigungen sind das Kniepertor und das Kütertor erhalten geblieben. Das dritte nach der Entfestung noch erhaltene Stadttor, das im Zweiten Weltkrieg beschädigte Semlower Tor, wurde 1960 gesprengt.

Museen und Kultur

Meeresmuseum und Ozeaneum

Das Meeresmuseum Stralsund im ehemaligen Katharinenkloster bietet umfassende Einblicke in die Welt des Wassers und seiner Bewohner. Eine spektakuläre Ergänzung stellt das Ozeaneum im Hafen dar, das im Juli 2008 eröffnet wurde. Weitere Außenstellen des Hauses sind das Nautineum auf dem Dänholm und das Natureum Darßer Ort. Die Einrichtungen gehören zu den meistbesuchten maritimen Attraktionen Norddeutschlands.

Das Stralsund Museum, das älteste Museum in Mecklenburg-Vorpommern, zeigt Ausstellungen aus der Geschichte Pommerns und Stralsunds. Die Hauptsammlung ist ebenfalls im ehemaligen Katharinenkloster untergebracht. Zu den herausragenden Exponaten gehören der Hiddenseer Goldschmuck und ein bei Stolp aufgefundenes Bernstein-Amulett in Gestalt einer Stier-Skulptur, dessen Alter auf vier- bis fünftausend Jahre geschätzt wird.

Theater und Veranstaltungen

Seit 1995 bildet das Stralsunder Theater zusammen mit den Theatern von Greifswald und Putbus das Theater Vorpommern. Das Stralsunder Haus bietet Aufführungen aus allen Genres. In der Kulturkirche St. Jakobi werden vom Frühjahr bis in den Herbst Werke von Friedensreich Hundertwasser gezeigt.

Überregional bedeutende Veranstaltungen sind die Wallensteintage, die jeden Sommer in der Altstadt stattfinden – ein historisches Volksfest zu Ehren der Abwehr der Belagerung Stralsunds durch Wallenstein im Jahre 1628. Der Stralsunder Weihnachtsmarkt auf dem Neuen und Alten Markt findet seit 1512 statt und gilt damit als ältester Weihnachtsmarkt im Ostseeraum.

Der Rügenbrückenlauf mit Marathon führt die Teilnehmer alljährlich im Oktober über die Rügenbrücke. Das Sundschwimmen von Altefähr nach Stralsund über 2,3 Kilometer wird von bis zu 1000 Teilnehmern durchschwommen. Stralsund ist zudem ein Spielort der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern.

Bildung und Forschung

Die Hochschule Stralsund, 1991 als Fachhochschule gegründet, befindet sich im Norden der Stadt. Die Campus-Hochschule mit etwa 2500 Studenten beherbergt Fakultäten für Elektrotechnik/Informatik, Maschinenbau und Wirtschaft. Es werden auch Studiengänge in englischer Sprache angeboten, etwa International Management Studies in the Baltic Sea Region.

In Parow bei Stralsund unterhält die Deutsche Marine die Marinetechnikschule, die in ihrer jetzigen Form seit 1996 besteht und die größte Ausbildungseinrichtung der Marine ist. Sie geht unter anderem auf die Marineschule Stralsund zurück.

Das Gymnasium Stralsund bestand ununterbrochen von 1560 bis 1945 und gehörte damit zu den ältesten Schulen im deutschen Sprachraum. Heute gibt es in Stralsund sieben Grundschulen, drei Förderschulen, vier regionale Schulen, zwei Integrierte Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe, drei berufliche Schulen, zwei Gymnasien sowie eine Höhere Berufsfachschule für kaufmännische Assistenz.

Die Hansestadt Stralsund unterhält ebenfalls eine Volkshochschule und eine 1952 gegründete Musikschule.

Wirtschaft und Infrastruktur

Tourismus als Wirtschaftsfaktor

Stralsund hat durch seine Nähe zur Ostseeinsel Rügen, seine historische Altstadt und vielschichtige Kulturangebote den Tourismus als wichtigsten Wirtschaftsfaktor. Dieser bildet die Grundlage für zahlreiche Gaststätten und Beherbergungsbetriebe, Museen, das Freizeitbad HanseDom, Yachtcenter, Fährbetriebe und einen starken Einzelhandel. Die Haupteinkaufsstraße Stralsunds ist die Ossenreyerstraße zwischen Neuem und Altem Markt.

Schiffbau und Maritime Wirtschaft

Neben dem Tourismus war die Volkswerft seit der Nachkriegszeit ein wichtiger Arbeitgeber und Industriebetrieb. Die Werft produzierte auch nach 1990 weiter Schiffe und gehörte zu verschiedenen Unternehmen, seit 2016 zur Gruppe MV Werften. Im Umfeld haben sich Bootswerften und diverse Metallbauunternehmen wie Ostseestaal angesiedelt. Das Reedereiunternehmen Weiße Flotte hat seinen Sitz in Stralsund.

Gesundheitswirtschaft und IT-Branche

Die Krankenhäuser, Kliniken und Gesundheitseinrichtungen sind relevante überregionale Arbeitgeber. Dazu gehört Helios mit dem Krankenhaus am Sund und dem Krankenhaus West. Die Deutsche Rentenversicherung Bund errichtete 1999 eine Dienststelle mit derzeit circa 1800 Mitarbeitern und gehört damit zu den größten Arbeitgebern der Region.

Die IT-Branche gewinnt in Stralsund zunehmend an Bedeutung. Zu ihr gehören das Boreus Rechenzentrum und ein Standort der Firma Adesso am Hochschulcampus. Weitere bedeutende regionale Arbeitgeber sind die Volksbank Vorpommern, die Nordmann Unternehmensgruppe mit der Stralsunder Brauerei (Störtebeker Braumanufaktur) und die SWS Stadtwerke Stralsund.

Verkehrsanbindung

Straßenverkehr und Brücken

Das bedeutendste Verkehrsbauwerk Stralsunds ist seit 2007 die als Hochbrücke errichtete neue Rügenbrücke als Teil der Strelasundquerung, die den Autoverkehr über den alten Rügendamm entlastet. Stralsund hat einen Zubringer zur Bundesautobahn 20 und liegt an den Bundesstraßen B 105 aus Richtung Rostock beziehungsweise Greifswald/Neubrandenburg, B 194 aus Richtung Grimmen und B 96 aus Richtung Bergen auf Rügen.

Schienenverkehr

Stationen im Schienenverkehr sind Stralsund Hauptbahnhof, Stralsund Rügendamm an der Strelasundquerung und der Haltepunkt Stralsund-Grünhufe. Aus Richtung München, Leipzig, Berlin verkehren Intercity-Express (ICE), Intercity (IC) sowie Regionalzüge. Die Verbindungen reichen von Karlsruhe über Frankfurt/Main und Hannover bis Hamburg.

See- und Luftverkehr

Stralsund besitzt einen Stadthafen und mehrere Yachthäfen. Der Seehafen für Frachtschiffe mit den Bereichen Nordhafen, Südhafen und Frankenhafen verzeichnete im Jahr 2020 einen Umschlag von 1,16 Millionen Tonnen Gütern. Am Stadthafen legen die Fährschiffe zur Insel Hiddensee und nach Altefähr auf Rügen sowie Boote für Hafenrundfahrten an.

Die nächstgelegenen Flughäfen sind der regionale Flughafen Barth und der internationale Flughafen Rostock-Laage. Der Flugplatz Stralsund liegt direkt nördlich der Stadt, der Flugplatz Rügen befindet sich zentral auf der gleichnamigen Insel.


Welche Aspekte von Stralsund interessieren dich besonders? Die hanseatische Geschichte, die maritime Gegenwart oder die Rolle als Tor zu Rügen?